The Walking Dead: Serienempfehlung

Obwohl wir mit Walking Dead noch nicht durch sind – im Herbst wird Staffel 7 ausgestrahlt, wir sind zur Zeit noch in der Mitte der 4. Staffel [Update 30.09.: Inzwischen haben wir Stafffel 6 auch durch] – möchte ich schon mal ein Review zur Serie schreiben. Sie reißt ja doch ein wenig mit..

Wie immer ohne Spoiler :D

Formal handelt es sich um eine Drama-„Horror“-Serie in einem Postapokalypse-Szenario. Horror deswegen, weil es ab und zu spannende Horror-Momente gibt – sie herrschen aber keinesfalls vor.

Handlung

Sheriff Rick Grimes erwacht im Krankenhaus aus dem Koma und muss feststellen, dass die Welt tot ist – oder besser: untot. Irgendein Virus ist ausgebrochen und lässt alle Toten, die den Virus in sich tragen, als fleischfressende, dümmliche Monster mit Hunger auf lebendiges Fleisch wieder auferstehen.

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Sheriff Grimes rhymes dirty..!

Völlig desorientiert und von der neuen Realität schwer getroffen, versucht Rick nur, seine Frau Lori und seinen Sohn Carl wiederzufinden. Die Welt ist das Revier von niemals müden, menschenfeindlichen Zombies geworden, und die wenigen Überlebenden haben nur ein Ziel: weiterhin zu überleben. Es gibt keine staatlichen und ordnenden Strukturen mehr und somit keine Gesetze und keine Lebensmittelproduktion mehr. Und Rick kann sich nicht darauf verlassen, dass die Personen, auf die er trifft, ihm immer wohlgesonnen sind.

Das ist irgendwie reißerisch geschrieben :D Ist aber so, ich will ja nicht spoilern. Rick trifft auf eine Gruppe, die sich mehr oder weniger erfolgreich gegen die Untoten wehren kann und versucht, irgendwie eine Art von Alltag aufzubauen.

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Ricks Gruppe

Postapokalypse

Die Serie startet, wenn der ganze Mist schon passiert ist. Die ganze Apokalypse selbst wird ausgelassen und der Zuschauer landet mitten in „direkt danach“: Es gibt keine Verwaltung, kein System mehr, die allermeisten Menschen sind tot (und „auferstanden“) – aber trotzdem ist alles noch frisch. Keiner weiss genau, was los ist, wie es dazu kommen konnte, wie genau die „Beißer“ funktionieren, ob es nicht irgendwo noch eine Regierung gibt.

Ich interessiere mich immer sehr für Postapokalypse-Szenarien. In diesem Fall handelt es sich eher um ein pessimistisches Szenario: Homo homini lupus (der Mensch ist des Menschen Wolf). Überlebende der Seuche betrachten sich nicht unbedingt als automatische Verbündete gegen eine schreckliche Gefahr. Oft ist es sogar so, dass gerade die anderen Überlebenden die größere Gefahr sind. Es herrscht also Misstrauen vor, und im Zweifel entscheidet man sich für sein eigenes Überleben oder das der eigenen Gruppe und nimmt dafür in Kauf, dass ein Fremder, der VIELLEICHT böse ist, stirbt. Die Protagonisten werden teilweise extrem gleichgültig gegenüber den Schicksalen anderer Menschen.

Das führt auch immer wieder zu sehr harten Entscheidungen: Sie oder wir? Helfen wir ihnen und riskieren dafür unsere eigene Sicherheit? Und die können durchaus auf den Magen schlagen. Im Gegensatz zu Stephen Kings Vision in „The Stand“ geht es nicht darum, wieder eine Gesellschaft aufzubauen, alte Strukturen wieder aufzunehmen und zu versuchen, zum Alltäglichen zurückzukehren. Das geht hier auch gar nicht – es gibt immer neidende Gruppen, die versuchen, den sicheren Standpunkt der Protagonisten für sich zu gewinnen. Es geht um den eigenen Vorteil, oder den lokalen Vorteil für die eigenen Leute, nicht um das große Ganze.

Ich frage mich immer, wie es denn wirklich wäre, sollte es zu einer solchen Situation kommen – und ich glaube auch, dass es eher ein so pessimistisches Szenario wäre, wie wir es bereits aus Mad Max und jetzt Walking Dead kennen.

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Was tun mit den Menschen? Zu was werden sie, wenn das System wegfällt?

Die Beißer

Das Wort „Zombie“ ist bisher noch nie gefallen, „unsere“ Gruppe nennt die wandelnden Toten am Liebsten Beißer, während andere Gruppen ihnen andere Namen geben.
Die namensgebenden Beißer sind in dieser Serie nicht Hauptfigur, sondern eher Motor für die Handlung. Der Fokus der Serie liegt definitiv auf den Lebenden, nicht auf den Toten. Die Serienmacher haben das auch recht schlau angestellt:

Wenn das Gefühl der ständigen Gefahr verloren geht, und die Gruppe dadurch nicht mehr Spielball der Entwicklungen ist, sondern diese selbst bestimmen könnte – oder knapper: wenn die Handlung zu harmonisch, zu langweilig wird – dann können mit Hilfe der Beißer ganz einfach neue Bedrohungen hinzugefügt werden. Das Lager wird einfach überrannt, eine wichtige Figur stirbt, oder ich könnte mir auch vorstellen, dass die Beißer irgendwann noch weiter mutieren und eine Art von Evolution durchmachen, um noch viel gefährlicher zu werden.

Allerdings werden die Beißer nicht unbedingt sehr konsequent eingesetzt. Man merkt deutlich, dass sie unter Missachtung der Logik ihrer Rolle als Handlungsmotor gerecht werden müssen. Ein paar Beispiele:
Die Beißer begegnen uns in völlig unterschiedlichen Verwesungsgraden. Während manche – sehr selten – mehr oder weniger skelettiert nur noch an einem Baum lehnend herumvegetieren können (sie fauchen und rollen trotzdem mit den Augen..), hat die große Masse aller anderen Beißer kaum mehr als kleinere Fleischwunden oder Knochenbrüche, und sie sind durchaus mobil und können auch schneller laufen.

Ein paar Beißerchen
Ein paar Beißerchen

Die Serie zieht sich allerdings über viele Monate und Jahre hin, und immer wieder begegnen wir Beißern, die vielleicht seit Beginn der Katastrophe irgendwo eingesperrt waren (zB. in einem Altersheim) und sich dementsprechend nicht ernähren konnten. Dennoch verwesen sie nicht weiter. Die Logik müsste doch einwenden, dass man sich nur bewegen kann, wenn die Muskeln versorgt werden und vom Kleinhirn Befehle erhalten. Aber ohne Sauerstoff, Nahrung und Wasser kann weder das Kleinhirn noch die Muskeln so lange funktionsfähig bleiben.

Nach der Logik müsste man eine solche Apokalypse einfach aussitzen können: Spätestens nach ein paar Monaten müsste die Masse der ersten großen Zombiewelle einfach außer Gefecht sein: Verhungert, verdurstet und verwest.
Das ist aber nicht so.

Manchmal sieht man auch abgetrennte Beißerköpfe, die auch einige Zeit nach dem Abtrennen noch die Zähne fletschen und fauchen. Wie geht das? Es scheint manchmal fast so, als würden die Beißer mehr von irgendeinem bösen Willen oder bösen Geist angetrieben werden, als von „neutralen“, unbösen Instinkten. Beißer sind ja nicht in dem Sinne böse, um böse zu sein, man kann sie mehr als dumme Raubtiere betrachten, die eben Fressen jagen müssen. Aber wenn der Körper unterversorgt ist, kann er auch nicht mehr jagen.

Inkonsequent ist auch, wie die Beißer bemerkt werden. Sie sind nicht sooo laut, aber sie geben ständig ihre fauchenden Geräusche von sich. Häufig kann man sie schon von weitem aus dem Wald oder um die Straßenecke hören. Andererseits tauchen sie aber auch völlig unvermittelt direkt hinter oder vor einer Person auf, ohne dass diese etwas bemerkt hat. Es ist teilweise schon lächerlich, wie die sich manchmal wegen 5 Meter entfernten Zombies erschrecken, obwohl sie die schon die ganze Zeit gesehen und gehört haben müssen.

Kritik

Bis auf die Kritikpunkte zu den Beißern oben habe ich nicht viel Kritik. Wir haben hier definitiv keine verblödete Splatter-Serie vor uns – Es handelt sich um eine lupenreine Dramaserie, die alle möglichen Felder abdeckt, und nicht wie Game of Thrones viel auf Nackszenen und Intrigen setzt. Immer wieder kommen moralische Fragen auf, mit denen die Protagonisten sich beschäftigen müssen. Wenn ein geliebter Mensch stirbt und sich dann in einen Beißer verwandelt … Hat er dann noch was von seinem früheren Ich in sich? Man stellt fest, dass er das nicht hat, man muss ihn töten, damit er einen nicht selbst tötet. Aber verdient er wenigstens ein Begräbnis?

Aber auch andere Fragen werden tangiert. Einmal geht ein junges Teenager-Mädchen verloren. Die Gruppe sucht das Mädchen über mehrere Folgen hinweg und kann es nicht finden. Wann lässt man die Suche sein und setzt seinen Weg fort, um sich selbst zu schützen – und unterschreibt so das Todesurteil für das Mädchen?

Nimmt man eine kleine bewaffnete Gruppe in der eigenen Gruppe auf, wenn man die Neuen nicht gut kennt? Sie könnten einerseits helfen und die eigenen Ressourcen durch Arbeits- und Feuerkraft ergänzen, aber sie könnten einen auch im Schlaf überfallen und die letzten Vorräte rauben.

Bisher ist die Serie eine der besten, die ich je gesehen habe, ich kann kaum abwarten, die nächste Folge zu sehen. Es ist immer Spannung da und die Charaktere entwickeln sich mit – sofern sie nicht sterben. Besonders in der 4. und 5. Staffel gibt es auch mal ein paar Hänger, wo nicht so viel passiert, die 6. Staffel zieht aber wieder kräftig an. Anders als bei Sons of Anarchy (Beschreibung folgt irgendwann) oder Breaking Bad (ebenfalls :D) oder Game of Thrones (Lied von Eis und Feuer) geht es nicht nur um den totalen Abfuck, wo alles immer schlimmer und extremer wird. Nein, hier herrscht eher die Hoffnung vor. Es gibt viele Tote, auch beliebte Charaktere sind nicht ausgenommen. Dennoch bewegt sich die Serie nicht in einem Strudel immer tiefer dem Abgrund entgegen, sondern man nimmt, was man hat, und macht weiter. Eine tolle Serie!

Ich bin weiterhin absolut sicher, dass sich die Macher von Walking Dead auch Stephen Kings „Dunklen Turm“ angeschaut haben (der übrigens gerade verfilmt wird) – Rick Grimes entspricht ganz und gar dem Revolvermann Roland von Gilead.

PS:
CARL!! STAY BACK WITH THE OTHERS!

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