Bernhard Schlink – Der Vorleser

Dieses Buch erhielt von Lucyda 3 Sterne

Diese Geschichte handelt von einer mehr als ungewöhnlichen Beziehung zwischen einem Schüler und einer Schaffnerin in den 1950er Jahren. Mehr als ungewöhnlich, weil nicht nur der hohe Altersunterschied ungewöhnlich ist, sondern auch, wie sich die Beziehung der beiden entwickelt. Und auch die Frau ist in mancher Hinsicht ungewöhnlich.

Bernhard Schlink - Der VorleserRoman / Unterrichtslektüre Oberstufe
Erstauflage: 1995
Seitenanzahl: 206
Sonstiges: Verfilmt
Review online seit 17.02.2009

Inhalt. Bei diesem Buch ist es schwierig, einen Einblick zu geben, ohne gleich wichtige Informationen preiszugeben, daher fällt sie hier ein wenig knapp aus.
Ende der 50er Jahre geht ein 15jähriger Schüler (der Erzähler) mit einer 36jährigen Straßenbahnschaffnerin eine Beziehung ein. Das ist schon ansich eher ungewöhnlich, die Beziehung der beiden ist aber auch sonst nicht gerade normal, nichtmal, wenn man mit einbezieht, dass eine solche Beziehung weder von der Gesellschaft akzeptiert wird noch überhaupt richtig möglich ist.

Im ersten Teil des Buchs geht es um diese Beziehung und ihre Höhen und Tiefen, im zweiten Teil um Ereignisse, die auf die Beziehung zurückzuführen sind. Außerdem entdeckt der Erzähler eine Tatsache, die viele merkwürdige Situationen während der Beziehung damals aufklären und überhaupt erst für ihn verständlich machen. Außerdem ist die Frau, die er damals liebte, nicht nur das, was sie vorgab zu sein.

Kritik. Ich habe das Buch für den Deutsch-LK gekauft, es ist ein potentielles Abiturthema der nächsten Jahre. Sowohl der Lehrer als auch einige Mitschüler sagten, dass dieses Buch nicht das Wahre wäre und grässlich zu lesen sei. Bei einer Unterrichtslektüre ist das auch nicht so überraschend :D
Jedenfalls begann ich das Buch und war von der ersten Seite an mitgerissen, ich habe es noch am gleichen Tag zu Ende gelesen.
Es wird niemals so ganz eindeutig klar, warum die Frau überhaupt diese Beziehung eingeht und auf was sie genau basiert, so dass Raum für eigene Vermutungen und Interpretationen bleibt. Das hat irgendwie mein Interesse geweckt und ich wollte mehr wissen. Der zweite Teil deckt dann einige Ungereimtheiten aus dem ersten Teil auf, so dass man besser verstehen kann, wieso es zu bestimmten Situationen kommen konnte. Auch das reizt mich, denn das Buch ist es wert, ein wenig darüber nachzudenken und die neuen Erkenntnisse mit älteren beschriebenen Situationen zu verbinden.

Ich kann mir gut vorstellen, dass das Thema nicht jedermanns Sache ist. Liebesbeziehung, zwischenmenschliche Beziehungen, ein derartiger Altersunterschied.. Das Buch ist aber definitiv Lichtjahre davon entfernt, kitschig zu sein oder an einen Groschenroman zu erinnern. Die Beziehung und ihre Folgen sind zwar zentrales Thema des Buchs, die Beziehung ist aber definitiv nicht übertrieben und aufdringlich beschrieben. Es steckt Tiefsinn dahinter, und gerade im zweiten Teil wird man auch noch mit einigen philosophischen Fragen konfrontiert.

Wertung. 3 Sterne plus
Endlich mal eine auch für zu Hause interessante Unterrichtslektüre. 3 Sterne mit einem +.

Der Vorleser – Zitate

Die Frau sagt zum Erzähler, er solle die Schule nicht vernachlässigen, auch wenn Schule ihm „blöd“ vorkomme. Ihre eigene Arbeit, Fahrscheine an Passagiere zu verkaufen, sei noch viel blöder.

„Wir standen uns nackt gegenüber, aber sie hätte mir in ihrer Uniform nicht abweisender vorkommen können. Ich begriff die Situation nicht. War es ihr um mich zu tun? Oder um sich? Wenn meine Arbeit blöd ist, dann ist ihre erst recht blöd – hatte sie das gekränkt? Aber ich hatte gar nicht gesagt, dass meine oder ihre Arbeit blöd ist. Oder wollte sie keinen Versager zum Geliebten? Aber war ich ihr Geliebter? Was war ich für sie? Ich zog mich an, trödelte, und hoffte, sie würde etwas sagen. Aber sie sagte nichts. Dann war ich angezogen, und sie stand immer noch nackt, und als ich sie zum Abschied umarmte, reagierte sie nicht.“

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