Zum 4. Juli 1776, dem amerikanischen Unabhängigkeitstag

Heute ist der 4. Juli und damit der Amerikaner liebster Feiertag (oder einer der liebsten): Der Tag der Unabhängigkeitserklärung im Jahre 1776, mit der sie sich vom Kolionalherren, dem britischen Empire, lossagten und eben unabhängig wurden. Oder werden wollten, denn die Engländer ließen diese Bestrebungen nicht auf sich sitzen. Der Unabhängigkeitskrieg zog sich von 1775 mehrere Jahre hin und wurde erst 1783 mit dem Frieden von Paris offiziell beendet.

Der Unabhängigkeitstag ist also eigentlich ein Konstrukt, das mit der historischen Wirklichkeit nicht so viel zu tun hatte.

Wo finden wir historische Infos zur amerikanischen Unabhängigkeit?

Meine erste Idee für den heutigen Beitrag war, in den (deutschen) Zeitungen nach Berichten über die Unabhängigkeitserklärung zu suchen. Aber schnell stellte ich fest: Das ist nicht so einfach. Erstens waren die interkontinentalen Nachrichtenlaufzeiten recht hoch. Es gab noch keine Telegrafen, so dass Nachrichten aus Amerika per Segelschiff nach London überbracht wurden. Von dort dauerte es dann in der Regel noch mehrere Tage, bis sie sich in den deutschen Zeitungen niederschlugen.

Wie ich gesehen habe, berichteten die Zeitungen deutschlandweit auch völlig unterschiedlich und zeitversetzt – es kam eben darauf an, gute und schnelle Boten zu haben, um neue Meldungen zu veröffentlichen. Deswegen bieten die Zeitungen teilweise ganz unterschiedliche Perspektiven und berichten von großen Ereignissen etwas zeitversetzt (erstmal berichtet, schrieben andere dann natürlich davon ab). Das macht es schwierig, gezielt nach Meldungen zu einem bestimmten Ereignis im Ausland zu suchen.

Da ich hier keine Hausarbeit mit mehrwöchiger Recherchezeit schreiben kann, sondern den Beitrag leider in nur wenigen Stunden fertig haben muss, kann ich die Zeitungen nicht so akribisch durchgehen, wie ich gerne würde, um euch einen vollständigen Bericht zur amerikanischen Unabhängigkeit in den zeitgenössischen deutschsprachigen Medien bieten zu können.

Aber, das wurde mir dann auch klar – so wichtig war diese Erklärung hierzulande auch gar nicht. Die US-Amerikaner begehen ihren Unabhängigkeitstag zwar jährlich mit großem Tamtam und überbordendem Patriotismus. Aber im Juli 1776, als die Erklärung von den Vertretern der Bundesstaaten unterschrieben wurden, war der Unabhängigkeitskrieg noch in vollem Gange. Das war mitnichten ein Tag zum Feiern.

Denn für die Briten, die von der Unabhängigkeitserklärung Kenntnis erlangten, dürfte die Unabhängigkeitserklärung null und nichtig gewesen sein. Was schert es denn den König des britischen Empires, wenn irgendwelche Grundbesitzer in den Kolonien Dokumente unterzeichnen, für die sie gar nicht die Unterschriftskompetenz haben?

Die historische Berichterstattung zur amerikanischen Unabhängigkeit

Beim Überfliegen verschiedener Zeitungen aus Juli 1776 bestätigt sich das. Man liest hier von amerikanischen Rebellen und aufsässigen Kolonien. Etwas, das nicht sein darf und natürlich bald von der britischen Armee beendet werden wird. Das Interesse am Thema war aber trotzdem groß, das zeigen die Zeitungsberichte.

Aus den Zeitungen geht aber eindeutig hervor, dass die Amerikaner eine Unabhängigkeit vom britischen Empire wünschten. Nur einen Hinweis auf die berühmte Unabhängigkeitserklärung vom 4. Juli habe ich nicht gefunden.

Heute gibt es also: Verschiedene Berichte aus den Zeitungen der Wochen nach dem 4. Juli 1776. Sie sollen einen Einblick in diese Zeit gewähren, auch, wenn es für Großbritannien „nur“ ein paar kriegerische Wochen waren und nicht, wie von den USA heute begangen, die ersten Wochen als unabhängiger Staatenbund.

Bitte beachtet aber: Das ganze ist fragmentarisch. Es gibt viele weitere Nachrichten! Ich habe nicht alle Juli-Zeitungen durchsuchen können, und es ist immer noch möglich, dass doch irgendwo eine Information zur Unabhängigkeitserklärung zu finden ist – vielleicht einige Zeit später – die Laufzeiten sind wirklich nicht zu unterschätzen und sie zeigen sich auch als sehr unterschiedlich. Auch Nachrichten aus London können nach nur wenigen Tagen oder erst nach zwei Wochen wiedergegeben werden. Die Zeitungen schreiben zum Glück in der Regel das ursprüngliche Datum dazu.

Ich habe hier nur einige Ausschnitte zusammengestellt, die mir (subjektiv) besonders interessant erschienen!

Was auf jeden Fall schön rauszulesen ist, sind die langen Nachrichtenlaufzeiten. Man wartet auf das nächste Schiff, um zu erfahren, was drüben in Amerika schon vor Wochen weiter passiert ist. Die Berichte zeigen aber auch die große Unwissenheit. Eigentlich weiß man gar nicht so genau, was da drüben im Westen los ist. Und die Gerüchteküche brodelt, man vermutet gar Fake News!

Was passiert im Sommer 1776?

Damit ihr die Artikel unten besser einordnen könnt, hier ein ganz knapper Überblick. Genauer könnt ihr das auf Wikipedia nachlesen :D

William Howe
Generalmajor William Howe (Quelle: Wikipedia)

Noch 1775 standen sich in Boston der britische Generalmajor (Befehlshaber der britischen Landtruppen in Amerika) William Howe als Verteidiger der Stadt und der amerikanische General George Washington als Belagerer gegenüber. Den Namen Howe solltet ihr euch merken, der taucht in den folgenden Nachrichten immer wieder auf :D Die Belagerung zog sich jedenfalls über mehrere Monate hin, bis im März 1776 die Lage für die Briten aussichtslos wurde.

Howe evakuierte Boston am 17. März und segelte mit seinen 9000 Mann nach Halifax in Nova Scotia in Kanada, wo sich 1775 bis Anfang 1776 die „Invasion Kanadas“ ereignete. Nachdem sich die Lage in Kanada dann beruhigte, segelte er dann nach New York, das im Sommer 1776 vom amerikanischen General Washington gehalten wurde. Im Juli 1776 bereitete Howe mit 32.000 Berufssoldaten einen Angriff auf New York vor und war dazu auf Long Island angelandet.

Diese Nachrichten kamen natürlich erst um rund zwei bis drei Wochen zeitversetzt in England an.

Wie sieht die zeitgenössische Berichterstattung aus?

Die Nachrichten, die im 18. Jahrhundert in Europa eintreffen, sind oft schon komplett hinfällig gewesen. So lesen wir gleich in einer Ausgabe vom 16. Juli eine Nachricht vom 2. Juli aus London, die wiederum von der Ankunft von Rebellen in der kanadischen Stadt Trois-Rivières im Mai berichtet, also eine Verzögerung von zwei Monaten. Und das alles auch nur, weil das entsprechende Schiff guten Wind hatte und die Post abliefern konnte.

Die Zeitgenossen damals wussten natürlich, dass die Nachrichten veraltet sind, und dass, sobald sie sie erhalten, vermutlich schon alles ganz anders aussieht. Es ist wie ein Blick in die Vergangenheit – so, wie wenn wir in den Nachthimmel schauen und dort das Licht von Sternen sehen, das Jahre oder Jahrtausende zurückgelegt hat, um hier anzukommen. Nur, dass sich an den Sternen vermutlich in dieser Zeit nicht viel getan hat. Wir können heutzutage gar nicht nachvollziehen, was das für ein Gefühl ist, erst Wochen später informiert zu werden. Wie das ist, davon bekommen wir in den folgenden Nachrichten aber auch noch einen Eindruck :D

Ich hab mir jetzt stichprobenweise einige Zeitungen und Berichte aus dem Juli 1776 angeschaut und fand es sehr schwierig, mir ein Bild zu machen, was denn nun überhaupt in Amerika los war. Die zeitversetzten Nachrichten, die sich auf verschiedene Schauplätze bezogen, sind sehr verwirrend. Heute sind wir gewohnt, dazu noch Karten und Bilder zu sehen und ggf. weitere Informationen über jede Person aufrufen zu können. Das alles konnten die Zeitgenossen nicht. Vielleicht ist diese „Barriere des Nicht-Wissens“ aller Zusammenhänge auch ein Punkt, der es den Leuten einfacher machte, nicht allzu ernst mit allem mitzufiebern.

Klar, da gibt es in Amerika einen Krieg und britische Kolonien wollen sich von ihrem Kolonialherren lossagen – ein Unding! Aber was genau, wann und wo – das ist dann doch in weiter Ferne und niemand weiß genau, was da los ist, auch, wenn man immer wieder einzelne klare Meldungen über Truppenstärken und Kämpfe mitbekommt.

Diese zeitgenössischen Nachrichten zeigen deutlich einige Dinge auf, die das US-amerikanische Selbstverständnis heute noch definieren. Etwa die Absicht, sein Hab und Gut – und vor allem die Freiheit – gegenüber Feinden verteidigen zu wollen. Genau darin ist das Second Amendment, der zweite Zusatzartikel der ach so gerühmten Verfassung, begründet, der zum Tragen von Waffen berechtigt, und um den auch heute noch wegen der hohen Schusswaffenopfer in den USA ein erbitterter Streit entbrennt. Schuld sind also eigentlich die Briten ^^ Den Amerikanern ihre Rechte zu nehmen, ist die schlimmste vorstellbare Drohung.

Aber naja. Bei dieser Trois-Rivières-Begebenheit fangen wir jedenfalls mit den historischen Nachrichten an :D

Auswahl historischer Zeitungsberichte über den Unabhängigkeitskrieg Mitte 1776

London, den 2. Juli.

Die Rebellen [also Amerikaner] sind nun bis nach Trois Rivieres gekommen. […] Allem Anschein nach werden sie die Provinz nicht verlassen, wenn sie nicht mit Gewalt daraus vertrieben werden; und sie würden vermutlich dieselbe gern zum Schauplatz des Krieges machen, um ihn von ihrem eigenen Land [also den amerikanischen Provinzen] abzuwenden. Wenn die große Armee [die Briten] bald ankommt, so werden sie bald weggetrieben sein; aber wenn man ihnen Zeit lässt, viele Truppen dahin zu ziehen, so wird man wohl den ganzen Sommer mit ihnen zu tun haben. Die Verstärkung, so wir erhalten haben, besteht aus 3 Engl. Kriegsschiffen, den Transportschiffen, welche Lord Howe und die Capitains [*****] und Intonbic [?] mitgebracht, und worauf sich der beste Teil vom 29. Regiment befand, ferner einer Fregatte und 3. Transportschiffen von Halifax mit dem 47. Regiment, welche alle mit einander nicht im Stand [imstande] sind, den Feind wegzutreiben, dessen Armee nach den verhaltenen Verstärkungen ungefähr 4000 Mann ausmacht. […]

Augsburgische Extra-Zeitung am 16. Juli 1776, S. 2, Quelle

Eigentlich richtet sich Mitte 1776 der Blick schon auf den kommenden Kriegsschauplatz New York, wo General Howe auf Long Island anlandete.

London, den 5. Juli.

Nach allem Anschein werden die Auftritte zu New York bald wichtig werden. Die Amerikaner haben allda 20.tausend Mann versammelt, um den königl. Truppen Schritt für Schritt abzustreiten; sollte es ihnen aber nicht gelingen, und die königl. Völker vielmehr sich mit Gewalt hineindringen, so sind die Provinzialisten [Amerikaner] schlüssig, die Stadt in Brand zu stecken und befestigtes Lager in der Nähe zu beziehen. So hartnäckig sieht es mit den britischen Kolonien aus, und so verwegen sind ihre Caper [?], dass zween [?] derselben in einer kleinen Entlegenheit von Halifax aus noch 3 von unseren Transportschiffen aufgebracht haben. […]

Augsburgische Ordinari Postzeitung am 17. Juli 1776, S. 2, Quelle

Der Weg zur Unabhängigkeitserklärung war auch ein politischer. In den einzelnen Provinzen bildeten sich Provinzialkongresse, die Vertretungen zum übergreifenden Kontinentalkongress schickten. So hatte am 15. Mai 1776 in Virginia ein Provinzialkongress stattgefunden, auf dem die virginischen Vertreter des Kontinentalkongresses dazu gedrängt wurden, sich im Kontinentalkongress für eine amerikanische Unabhängigkeit einzusetzen.

Davon handelt auch die folgende Meldung vom 9. Juli. Achtung: Das ist alles ein einziger apokalyptischer Satz :D Unten drunter die Zusammenfassung.

London, den 9. Juli.

Über Bristol ist folgende Resolution des Amerikanischen Kongresses vom 15. Mai 1776 eingegangen: „Da Se.[ine] Großbritannische Majestät, mit Einstimmung der Herren und Gemeinen des Britischen Parlamentes, die Einwohner dieser verbundenen Kolonien von allem Schutze dero Krone mittels einer Parlaments Aete [?] ausgeschlossen haben; und dann keine einzige Antwort auf die untertänigsten Bittschriften der Kolonien zur Abhelfung der Beschwerden und Aussöhnung mit Großbritannien erteilt worden, noch wahrscheinlicherweise erteilt werden wird; sondern die ganze Macht des Königreichs mit dem Beistande ausländischer Miedlinge zum Verderben des Volks besagter Kolonien gebraucht werden soll; und weil es durchaus mit der Vernunft und dem Gewissen nicht bestehen kann, dass das Volk in diesen Kolonien sich eidlich zur Aufrechterhaltung einer Regierung unter der Krone Großbritanniens verpflichte, im Gegenteil erforderlich ist, dass die Ausübung aller Art von Gewalt unter besagter Krone gänzlich eingestellt, und alle Regierungsmacht sowohl zur Unterhaltung der inneren Ruhe, Stärke und guten Ordnung, als zur Verteidigung unser selbst, unserer Freiheiten und Güter wider die feindlichen Einfälle und grausame Plünderungen unserer Feinde unter der Autorität des Volkes dieser Kolonien ausgeübt werde, so ist beschlossen worden, dass den Versammlungen und wechselseitigen Zusammenkünften der verbundenen Kolonien, wo bisher kein zureichendes Gouvernement für die Notdürftigkeit ihrer Angelegenheiten eingeführt wurden, anempfohlen werden möge, eine solche Regierung anzunehmen, welche nach der Gesinnung der Repräsentanten des Volks zum Glück und zur Sicherheit ihrer Kommittenten insbesondere, und der Amerikanischen Lande überhaupt, am Besten wird mithelfen können.“ Unterzeichnet. Joh.[n] Hancock, Präsident.

Augsburgische Ordinari Postzeitung am 22. Juli 1776, S. 3, Quelle

Im Großen und Ganzen hält der Kongress hier fest, dass er sich darüber ärgert, vom britischen König kein Entgegenkommen zu sehen und dass die Kolonien ihr Glück nun selbst in die Hand nehmen wollen. Die britische Autorität solle nun durch eine unabhängige Autorität ersetzt werden.

In Europa ist man sich auch keineswegs sicher, ob der Krieg (für die Briten) zu gewinnen ist. Hier ein Bericht in „Wir-Form“. Aus dem Kontext würde ich schließen, dass er auf einem Bericht eines auf britischer Seite kämpfenden Offiziers in Amerika basiert.

London, den 13. Juli.

In diesem Feldzug wird wenig ausgerichtet. Das [britische] Parlament darf nun wieder 25 Millionen Sterling auf den künftigen Feldzug aufnehmen, denn die Eroberung von Amerika ist nicht tunlich; der Krieg ist ein Krieg von Posten. Dies Geschäft kann nicht in einigen Feldzügen ausgeführt werden. Wir haben Posten über Posten, eine Schanze nach der anderen, Garnison für Garnison anzugreifen, zu stürmen und einzunehmen. […] Bevor wir es halb erobert, werden wir gänzlich erschöpft sein. Wenn Amerika verwüstet und zu Grund gerichtet, was wächst England dadurch zu? Eroberung richtet uns zu Grund und wir sind der Eroberungen keineswegs versichert. Der General Howe hat eine Verstärkung der Truppen verlangt, weilen [weil?] die Provinzialen große Armeen zu Neuyork [New York ^^] und Philadelphia haben.

Augsburgische Ordinari Postzeitung am 25. Juli 1776, S. 2, Quelle

Die folgende Meldung aus der Zeitung vom 26. Juli ist leider nicht näher datiert, wir wissen also nicht, was das „baldige Pelzwaschen“ genau bedeutet. Sie bezieht sich aber eindeutig auf Howes Vorbereitungen für den Angriff auf New York.

So schlimm war die Nachrichtenverzögerung aber vielleicht auch nicht, denn in London scheint man auf den Ausgang des Angriffs gewettet zu haben :D Statt gebannter Verfolgung der minutenaktuellen Berichterstattung, wie heutzutage, richtet man sich mit der Wartezeit ein und befriedigt damit vielleicht noch seine Spielsucht :D

Engeland. Bald wird nun das Pelzwaschen [sic!] in America angehen: General Howe hat die teutsche Hülfe der auf 130 Transportschiffen erhalten, und hat sich nun mit seiner ganzen Macht eingeschifft, um den ersten Schlag mit Macht zu tun. Niemand weiß noch, wo er auffallen wird, vermutlich aber ists Neu York, wo sich das Ministerium viele Anhänger zu haben verspricht, wo aber auch 30.000 Provinzialen wohl gerüstet stehen sollen. Eben so viele sollen zu Philadelphia stehen, wenn etwa sein christliches Absehen [?] daher gerichtet [?] wäre, und hie und da an der übrigen Küste sollen zerteilt bey [?] 60.000 Mann warten, so dass wenigstens zu London 1000 Guineen gegen 100 verwettet werden, dass Howe, wenn er landet, keine 10 Meilen tief ins Land dringen kann, ohne in Stücken gehauen zu werden. […]

Real-Zeitung (Erlangen) am 26. Juli 1776, S. 1f, Quelle

Der Autor spricht im Beitrag von deutscher Hilfe. In einem englischen Wikipedia-Beitrag ist zu lesen, dass die Briten zehntausende Soldaten aus Deutschland für ihren Krieg angeheuert hatten.

Interessant ist außerdem die Fortsetzung des Artikels, wo ein künftiger Krieg in Europa vermutet wird:

[…] Und man spricht sogar, es werde wieder in Teutschland nach Menschen umgefragt. Das müsste denn wohl fürs künftige Jahr gesorgt sein, denn für das gegenwärtige Bedürfnis möchte diese neuere Unterstützung wohl zu spät im Jahre in America eintreffen. Vielleicht aber, dass diese Anstalten gegen nähere Feinde, als die Amerikaner sind, bestimmt werden. Spanien und Frankreich zeigen gar zu deutlich, dass sie unwillig sind, und Engelland ihnen nicht mehr gewachsen finden, und schon oft hätte England Ursache gehabt, ihnen deswegen die öffentliche Feindschaft anzukündigen, wenn mans nicht zur Zeit für ratsam hielte, drüber wegzusehen.

Real-Zeitung (Erlangen) am 26. Juli 1776, S. 2, Quelle

Das liest sich wie ein Civilization-Spiel!

Der folgende Beitrag vom 1. August zeigt dagegen, wie die Gerüchteküche brodelt. In England habe ein Schiff Neuigkeiten darüber gebracht, dass Howe auf Rhode Island vernichtend geschlagen worden und selbst zu Tode gekommen sei. Die Menschen wollen wissen, was los ist, aber die Zeitungen berichten nichts darüber. Daher überlegt man, ob es sich um historische Fake News, also ein absichtliches Gerücht, handeln könnte.

In meiner leider nur relativ kurzen Recherche konnte ich übrigens nichts über diese Niederlage oder überhaupt eine Landung auf Rhode Island finden, um die es hier geht. Sie müsste, wenn man durchschnittliche Schiffslaufzeiten von höchstens 10 bis 20 Tage annimmt, Anfang Juli stattgefunden haben. Vielleicht war es wirklich nur ein falsches Gerücht.

London, den 18. Juli.

Eine Abendzeitung vom vorigen Sonnabend [also den 13. Juli] hat seit einigen Tagen nicht wenig Unruhe in dieser Stadt angestiftet. Sie machte ein Gerücht bekannt, das selbigen Tages auf der Börse verbreitet wurde, dass Admiral Howe bei der Landung, die er auf der Insel Rhode [Rhode Island] versucht habe, gänzlich sei zurückgeschlagen worden; dass er selbst unter den Toten sei; dass der Rest von denen, die nicht aufgerieben worden, nach Halifax geflohen wäre; dass General Howe mit den Truppen von Halifax zwar in See gegangen, aber nach einigen Stunden wieder zurückgekommen sei, weil viele Transportschiffe leck gewesen wären.

Alle diese traurige Nachrichten, wurde vorgegeben, kämen durch ein Schiff, das vorigen Donnerstag [also der Donnerstag vor letztem Sonnabend, also der 11. Juli] zu Portsmouth eingelaufen sei, u. s. w. [die drei Buchstaben sind recht deutlich, ergeben hier aber nicht viel Sinn?]. Diesem Vorgeben wurde von den mehresten im Publico gerade zu Glauben beigemessen [= die meisten glauben dieser Information?]. Viele Tausende versammelten sich an den Plätzen, wo Sonnabend abends die London Gazette ausgegeben wird, weil sie vermuteten, es würde eine Beschreibung dieses Vorfalls in selbiger bekannt gemacht werden. Es war aber keine Silbe davon darin enthalten, und dies bestärkte den Verdacht, dass etwas daran sei.

Lord North [Frederick North, britischer Premierminister 1770-1782] wurde in allen Tavernen schrecklich gekämmet. Indessen findet es sich, dass alles Erfindungen eines müßigen Kopfs, oder eines solchen sei, der ein boshaftes Vergnügen darin findet, Unheil anstiftet [Fake News des 18. Jahrhunderts!]. Dass Nachrichten von Amerika indessen angekommen, und dass selbige nicht sehr glorreich sind, dies mutmaßet man zwar als Wahrscheinlichkeit; allein jene Geschichten sind gewiss nicht gegründet. Alles Volk lechzet nach Neuigkeiten von daher sehr: Die Patrioten sagen, dass obiges alles und noch mehr Böses gegründet sei, bloß um den Ministerio eins anhängen zu können; die Ministerial-Parthen [?] aber, dass die Provinzialen wenigstens möchten ein wenig gezüchtigt worden sein.

Augsburgische Ordinari Postzeitung am 1. August 1776, S. 1f, Quelle.

Auch im 18. Jahrhundert gab es bereits Misstrauen der Vertrauenswürdigkeit von Nachrichten gegenüber. Das klingt im folgenden Beitrag vom 1. August 1776 durch – und zeigt gleichzeitig, wie sehr die Gerüchteküche brodelte.

London, vom 17. Juli.

Dienstag abends begegneten zwo Damen aus Nordamerika in den Vauxhall Gardens [London] einem Herrn, ihrem Anverwandten, der mit auf der Liste der Getöteten in Neu-England gestanden hatte und für den sie in tiefer Trauer waren. Das Erstaunen und Entzücken war so groß, dass Worte es nicht ausdrücken können. Sie verließen sogleich die Gärten und ließen sich von einem Schiffer nach Sommersetstairs [?] überfahren.

Man hat die Krone in den hiesigen und auswärtigen Zeitungen beschuldigen wollen, als ob sie die amerikanischen Zeitungen und Briefe unterschlage, um die wahre Gestalt der Sachen vor dem Volke zu verbergen. Diese gehässige Beschuldigung widerlegen selbst die auf den hiesigen Kaffeehäusern liegende amerikanische gedruckte Zeitungen und die aus selbigen in den hiesigen vorkommende Auszüge: Dass sie aber nicht so ordentlich als mit reitender oder fahrender Post ankommen, daran ist nicht die Krone, sondern Wind und Wetter schuld.

Bayreuther Zeitungen am 1. August 1776, S. 1, Quelle

Der nachfolgende Beitrag, der dem vorherigen direkt nachfolgte (gleiche Ausgabe), gibt einen „Brief aus Philadelphia“ wieder. Mir ist nicht klar, was für ein Brief das war, und an wen er gerichtet war. Klar ist, dass ein glühender amerikanischer Patriot ihn verfasste. Er legt hier dar, dass die aktuell angestrebte Unabhängigkeit gar nicht auf Dauer gedacht war, sondern nur so lange, bis die britische Regierung auf die Forderungen der amerikanischen Rebellen eingeht.

Sein restlicher Text steht dazu allerdings in Widerspruch, da der Verfasser gedenkt, es den schottischen Unabhängigkeitskämpfern gleichzutun: Tod oder Freiheit ist das Motto der Stunde. Offenbar ist die Zeit der Verhandlungen vorbei.

Aus einem Briefe aus Philadelphia. „Wir wissen, dass die Sprache eurer Minister-Speichellecker ist, als wäre Unabhängigkeit stets von uns im Schilde geführt worden. Wir leugnen das. Unsere Unabhängigkeit wird nicht länger dauern als eure Härte und Unbiegsamkeit. Unser Verlangen und Wünschen ist nichts weiter als die Privilegien britischer Untertanen, und die müssen wir haben, oder wir sagen euch ein ewig Lebewohl. Glauben Sie mir, mein Freund! Wenn wir Rebellen sind (wir verdienen den Namen nicht, den uns euer Parlament gibt), so sind wir solche Rebellen als England nie vorher gehabt. Hat gleich ein Earl Stuart [vermutlich „Bonnie Prince Charlie„, der 1745 mit den Schotten gegen den englischen Thron rebellierte – und verlor] und ein Simon Frazier [es gab zwei Simon Frasers, beide waren schottische Unabhängigkeitskämpfer – hier gemeint ist Simon Fraser, Lord Lovat], mit einem Haufen undisziplinierter Hochländer eure Truppen in zweien Feldschlachten geschlagen, und das Schrecken bis in eure Hauptstadt durch den Vorsatz, den Großvater eures jetzt regierenden Monarchen zu dethronisieren, gebracht, so können doch diese Leute, die ihr jetzt mit der Hefe [?] eures Landes gegen uns schicket, ein freies Volk nicht schrecken, welches in einer gerechten Sache mit dem Himmel zur Seite ficht; dessen Motto ist: Tod oder Freiheit, und unter denen viele solche Enthusiasten sind, dass sie diese Worte mit ihrem Blut in ihre Hüte, Mützen und Kleider zeichnen etc.
Die Trommel ruft zum Gewehr: Ich wünsche schlüßlich Ihnen bessere Gesundheit, Eurem Könige bessere Minister und Eurem Land ein besser Parlament.

Bayreuther Zeitungen am 1. August 1776, S. 2f, Quelle

Über die Friedensverhandlungen Ende 1782

Der Unabhängigkeitskrieg war zunächst nur eine Rebellion der Amerikaner gegen die britische Kolonialherrschaft, aber schnell weitete sich der Krieg auf weitere Nationen aus, die sich der einen oder anderen Seite anschlossen und selbst ein Stück vom Kuchen haben wollten. Während sich deutsche Kontingente auf die britische Seite stellten, traten Frankreich und Spanien gegen England an.

Das merkt man auch daran, dass bei den Friedensverhandlungen Ende 1782 nicht nur die amerikanische Unabhängigkeit zur Debatte stand, sondern auch Kolonien und Besitztümer in Europa und Asien. Darüber wurde dann natürlich viel gestritten. Nachfolgend ein Bericht über den Stand der Verhandlungen Ende November 1776.

London, den 26. Nov.
Herr von Rayneval [Joseph Matthias Gérard de Rayneval], Staats-Secretarius [Staatssekretär] des Herrn von Vergennes [Charles Gravier, comte de Vergennes, frz. Außenminister], der am Mittwoch Abend bei Lord Shelburne [William Petty, 2. Earl of Shelburne, britischer Friedensunterhändler] als Friedensunterhändler angekommen, hat in kurzer Zeit schon drei Couriers nach Paris geschickt. Der letztere soll alle Schwierigkeiten, die dem allgemeinen Frieden noch im Weg stunden, aus dem Wege räume. […]

Der Hauptgegenstand des Zanks zwischen den verschiedenen Mächten ist noch Ostindien. Man sagt, dass auf folgende Bedingungen der Friede werde geschlossen werden.

Von Seiten Englands: Die Anerkennung der Unabhängigkeit der 13 vereinigten Staaten von Amerika; Gibraltar wird Spanien, und den Franzosen und Holländern ihre Etablissements in Ostindien wieder herausgegeben.

Von Seiten Spanien erhalten die Engländer die Insel Puerto Rico, West-Florida, die Bewilligung der Factoreien [Plantagen?] in der Baye von Honduras für das Holzfällen, so wie es vor dem Krieg war.

Frankreich gibt St. Christoph, Revis, Montserrat, Tobago, St. Vincent und Dominica heraus. Die Insel Grenada behält Frankreich, und England St. Lucie. Frankreich und Spanien garantieren den Engländern Canada, Neuschottland [Nova Scotia] und die beede [?] Florida.

Der Fischfang an den Ufern von Neufundland soll für alle Länder, welche daselbst Hütten für den Fischfang bauen wollen, frei sein, und nirgends ein Fort errichtet werden, diejenigen, welche die Engländer besitzen, sollen geschleift [zerstört] werden.

Ein Privat-Artikel soll überdies noch zwischen England und Amerika, zugunsten der Loyalisten, verwilligt sein, dass selbige sich in dem Land ungestört niederlassen, und über ihr Eigentum, wenn es noch nicht confisciert, disponieren können.

Augsburgische Extra-Zeitung am 10. Dezember 1176, S. 2f, Quelle

Am 30. November, als vier Tage später, waren die Verhandlungen abgeschlossen und ein vorläufiger Frieden geschlossen. Der musste allerdings noch von allen beteiligten Parteien ratifiziert werden – erst im September 1783 kam schließlich endgültig der Frieden von Paris zustande.

Mein Fazit zu dieser kleinen Quellensichtung

Wie gesagt, meine Quellensichtung ist leider alles andere als vollständig. Ich habe nicht alle Zeitungen prüfen können. Nach dem, was ich bisher aber gesehen habe, hat die amerikanische Unabhängigkeitserklärung des 4. Juli 1776 in der europäischen Berichterstattung überhaupt keinen Widerhall gefunden. Grund dafür wird vor allem sein, dass diese Erklärung aus englischer Sicht – und London ist hier die relevante Nachrichtenquelle – keinerlei Bestand gehabt haben dürfte.

Für die Briten war der Ausgang dieser „nervigen Unabhängigkeitsbestrebungen“ ja noch völlig offen. Für die Amerikaner ist es natürlich interessanter, sich ohne fremde Einwirkung für unabhängig zu erklären – aus sich selbst heraus, nicht durch irgendeinen Friedensvertrag aus den 1780ern, den auch die ehemaligen britischen Kolonialherren ratifiziert haben. Das hat sowas von „Wir dürfen unabhängig sein“ im Gegensatz zu „Wir sind jetzt unabhängig“. Deswegen ist klar, warum sie den 4. Juli 1776 als Tag der Unabhängigkeit feiern, und nicht erst den 3. September 1783, an dem ihnen die Unabhängigkeit durch den Frieden von Paris völkerrechtlich wirklich zustand.

So, damit sind wir auch fast am Ende dieses Beitrags angelangt.

Eine Sache gibt es aber noch zur Unabhängigkeit zu erzählen. Mein Lieblingspräsident Trump [sic!] erzählte während seiner 2019er-Rede zur amerikanischen Unabhängigkeit unter anderem, dass die amerikanische Armee die britischen Flughäfen übernahm und am Ende des Krieges die Unabhängigkeit erlangte.

Fun Fact: Der erste erfolgreiche und gesteuerte Flug mit einem Motorflugzeug fand 1903 statt, nicht im 18. Jahrhundert. Von Flughäfen im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg kann also kein Rede sein.

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Mein Lieblingsbrite [wirklich-sic! sic sic sic!] Mick Jagger berief sich auf Herrn Trumps gewagte Äußerung und erwiderte, dass das mit der Unabhängigkeit vermutlich ganz anders gekommen wäre, wenn die Briten ihre Flughäfen besser verteidigt hätten.

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Hätte er das doch Generalmajor Howe früher gesagt. Gleich alt sind sie ja ungefähr.

(Btw bin ich der größte Rolling Stones-Fan auf Gottes Erden)

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2 Comments

    1. Lucyda

      Autsch, das tat ja schrecklich weh. Jemand, der keinen geraden Satz hinbekommt, aber es schafft, gleich drei Rechtschreibfehler unterzubringen, bemängelt Sprache und Inhalt. Langweilig, werd erwachsen, Bubi

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