Purple Heart-Medaille für die Katzen

Zwar ist der Schrecken doch schon seit ein paar Wochen überstanden, aber für eine Anekdote ist es nie zu spät!

Katzen sind Reviertiere. Netterweise sehen sie ihre menschlichen Mitbewohner nicht als Konkurrenz, daher werfen sie uns auch nicht aus ihrer Wohnung. Das ist sehr gütig. Nach dem Umzug im März mussten Kater Lopi und Katze Luna erst für rund zwei Wochen in der Wohnung bleiben, damit sie sich an das neue Heim gewöhnen – aber ein Lopi lässt sich nicht einsperren und wollte dann doch raus. Es galt, ein neues Revier zu erobern (Garten und Umkreis).

Kater Lopi sitzt im Garten
Lopi wacht ausgesprochen fotogen über sein Revier

Erste Bekanntschaft mit dem Killer

Dabei machte er alsbald Bekanntschaft mit dem lokalen Platzhirsch, einem weiß-grau getigerten Kater aus der Nachbarschaft. Wir nennen ihn aus bald nachvollziehbaren Gründen den Killer. Im Gegensatz zum Menschen, der zunächst optimistisch auf ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis hofft, kann die Situation bei Katzen allerdings schon beim ersten Blickkontakt eskalieren.

Ich weiß nicht, wer angefangen hat, aber ich nehme an, der Killer. Lopi prügelt sich durchaus gern mal (davon zeugen ein paar Zacken an den Ohrspitzen), aber meistens exerziert er nur den Katzen-Reviertanz durch. Der geht so: Tier 1 und Tier 2 stellen ihr Fell auf und beginnen laut und wehklagend zu brummen. Dann bewegen sie sich in Zeitlupe zu einem Beobachtungsplätzchen in angemessener Entfernung zum Gegner (meist 2-3 Meter) und lassen sich dort ebenfalls in Zeitlupe nieder. Von hier aus wird der kalte Augen-Krieg weitergeführt. Sinn der Sache? Weiß nicht. Habe schon ein paar mal zugesehen, bis ich vor Langeweile einschlief.

Langweilig ist es allerdings nicht mit dem Killer. Keine Zeitlupe, kein Starren, sondern in Sekundenbruchteilen Defcon 1 mit vollem Waffenarsenal.

An besagtem Tage bald nach dem Umzug hörte ich also wildes Geschrei von draußen und hechtete in den Garten. Dort wurde mein Kater Lopi nach einem ersten heftigen, kurzen Gefecht gerade vom Killer quer über den Rasen und um die Hausecke gejagt. Ich natürlich hinterher. Auf der anderen Hausseite wurde ich nun eines weiß-dunkel-getigerten Fellknäuels mit scharfen Krallen und spitzen Zähnen gewahr. Die beiden lagen verkeilt in innigem Hass am Boden und ließen die Waffen sprechen.

Als ich dazu kam, trennten sich die beiden, der Killer floh dahin, wo auch immer er herkam und Lopi schoss mit einem Affenzahn zur Terrassentür herein.

Kater mit Kriegsverletzung

Gelitten hatte zunächst vor allem der käterliche Stolz. Der arme Kerl, der direkt vor seinem Hause von einem Fremden herumgescheucht wurde, lag traurig im Flur und leckte seine Wunden. Wortwörtlich, denn kurz darauf, als er verschämt ins Wohnzimmer kam, bemerkte ich, dass er humpelte. Mit dem hinteren linken Bein trat Lopi nicht mehr auf, und er ließ sich auch nicht streicheln, schließlich will ein Kater als Herr des Hauses kein Mitleid.

Die nächsten beiden Tage wurde es mit dem Beinchen nicht besser, im Gegenteil. Es wurde dick und der Kater richtete sich auf der Couch quasi häuslich ein. Er wollte nichts mehr essen, sich nicht mehr bewegen und das arme Tier schien allgemein ziemlich weggetreten zu sein.

Kater Lopi schläft
Hier liegt Lopi in seiner „Ich bin krank“-Ecke. Sein dickes Bein wollte er gar nicht ablegen :-(

Da hilft alles nichts – Lopi hasst Autofahrten und Tierärzte, aber manchmal ist das eben unumgänglich. Wir fuhren abends nach der Arbeit noch zur Tierärztin, wo der Kater unglücklich die Untersuchung über sich ergehen ließ. Diagnose: Tiefer Biss ins Sprunggelenk, aber zum Glück scheint der Knochen nichts abbekommen zu haben. Therapie: Antibiotika & Schmerzmittel für Le Kateur.

Diese Geschichte nahm nun ein schnelles Ende: Drei oder vier Tage später war vom Humpeln kaum noch etwas zu sehen und Lopi geht es jetzt auch wieder gut. Für seine Verwundung bei der heldenhaften Verteidigung von Haus und Hof hat er sich eine Purple Heart-Medaille verdient!

Weitere Bekanntschaft mit dem Killer

Nun kommt aber die Fortsetzung, denn Geschichte wiederholt sich! Noch während sich der Kater vom Killer-Biss und Tierarzt-Besuch erholte, wiederholte sich alles, nur mit anderer Hauptfigur: Luna.

Kleine Katze Luna schlich zu diesen Zeiten mit größter, unschuldiger Freude auf dem Nachbargrundstück herum, einer eingezäunten Wiese mit Obstbäumen (du siehst sie unten auf dem Foto). Dort kletterte sie auf den Bäumen herum und massakrierte unschuldiges Kleingetier, bevorzugt Mäuse und Eidechsen (T_T).

Nicht so jedoch an besagtem Tage. Ich war von der Arbeit nach Hause gekommen und hatte Luna nach draußen gelassen, Kater Lopi kurierte auf der Couch noch seine unglückliche PvP-Session mit dem Killer aus. Zehn Minuten später hörte ich von draußen wildes Geschrei und hechtete in den Garten.

Blick auf das Nachbarsgrundstück
Das Bild entstand eigentlich aus anderen Gründen, bitte achte nicht auf meinen Nasse-Haare-Turban :D Im Hintergrund jedenfalls Lunas beliebter neuer Spielplatz, der Baumgarten

Auf dem Nachbarsgrundstück lagen Luna und der Killer verkeilt als Fellknäuel im hohen Gras und drückten mit Krallen und Zähnen aus, dass sie sich nicht mögen. Ich trat gegen den Zaun und schrie die beiden an, dass sie aufhören mögen. Luna, die sonst Kämpfe meidet und andere Katzen lieber relativ schüchtern aus der Entfernung beobachtet, riss sich los und verschwand in irgendeiner Hecke, der Killer hinterher. Offenbar konnte sie ihn abschütteln, denn kurz darauf sah ich den Killer von dannen ziehen. Luna dagegen ließ sich zunächst nicht blicken – schlaues Tier, wartet, bis die Luft rein ist.

Als sie dann schließlich aus dem Gebüsch schnurstracks durch die Terrassentür ins Wohnzimmer schritt, stellte ich fest … dass sie humpelte. Nur leicht, aber sie trat mit einem Bein nicht voll auf. Ja, tatsächlich, der Killer hatte seine Primärwaffe eingesetzt: Den Biss ins Sprunggelenk des hinteren linken Beins. Zunächst hatte ich noch Hoffnung, dass es nicht so schlimm ist wie beim Kater, weil es zunächst nicht so wirkte, aber die Hoffnung stellte sich als falsch heraus.

Luna baute danach immer weiter ab und hatte zunächst auch große Schwierigkeiten, mit nur drei Beinen auszukommen. Im Gegensatz zum Kater, der eher still gelitten hatte, waren ihr die Schmerzen auch deutlich anzumerken, sie miaute kläglich und brummte jeden schlecht gelaunt an, der ihr zu nahe kam.

Katze mit Kriegsverletzung

Also – auf zur Tierärztin. Ich fühlte mich wie eine Raben-Dosenöffnerin, weil ich „zugelassen“ hatte, dass meine beiden Katzen in nur einer Woche Abstand auf die gleiche Weise verletzt wurden :-( Naja, das weitere Programm kannten wir aufgrund der gleichen Diagnose schon: Antibiotika und Schmerzmittel.

Nur, dass es Luna damit nicht besser ging. Im Gegenteil. Sie verkroch sich in den Tagen danach immer mehr, und zu allem anderem hatte der Kater auch noch eine Freude daran, sich mit vollem Gewicht auf die arme Katze zu stürzen, um sie zu ärgern. Muss man sich mal vorstellen: Bein ist kaputt, kannst dich kaum bewegen, hast Schmerzen, und dann kommt so ein Brecher, der mit Anlauf auf dich drauf springt, weil ihm langweilig ist >_>

Na, jedenfalls … nach einigen Tagen brachten wir die wenig erbaute Luna wieder zur Tierärztin. Es war der Donnerstag Abend vor Ostern und wir waren die letzten Kunden/Patienten vor dem Osterurlaub. Erstmal war die Ärztin entsetzt, dass es der Katze nicht besser ging nach der Antibiotikabehandlung. Das hätte schon längst wirken müssen. Und dann war keine Zeit mehr für ein Blutbild, um herauszufinden, ob und welche Bakterien der Katze nun so zusetzten.

Katze Luna liegt im Garten
An diesem Tag ging es Luna dank Schmerzmittel besser und sie lag stundenlang in ihrer Lieblingsecke im Garten

Also packte sie die Katze erstmal ein und machte ein Röntgenbild, um zu schauen, ob am Knochen was zu erkennen ist. Katze findet es unlustig, wenn fremde Leute sie festhalten, wir hörten sie drei Räume weiter noch Terror machen und die Ärztin zog sich tatsächlich ein paar Kratzer zu T_T

Auf dem Röntgenbild war nichts zu sehen, also gab uns die Ärztin weiteres Schmerzmittel und Penicillin mit, das „in 90% aller Fälle helfen müsste“. Wenn nicht, sollten wir spätestens am Ostermontag in eine Tierklinik, um dort eine breitere Diagnostik machen zu lassen. Denn: mit Bakterien sei nicht zu spaßen. Wenn die erstmal auf den Knochen übergehen, könnte die Katze im Extremfall sogar ihr Bein verlieren! Sie sagte also klipp und klar, dass sie nicht bis Dienstag warten würde, wenn es nicht besser wird. Oh-oh…

Am Ende helfen nur noch schwere medizinische Geschütze

Das Osterwochenende war also alles andere als entspannt. Eigentlich wollten wir diverse Familienbesuche absolvieren, die wir dann alle absagten, um die Katze zu beobachten und alle 12 Stunden Penicillin in sie reinzustecken („Stecken Sie das in die Katze“ :D). Und trotzdem: Es wurde nicht besser. Luna benutzte ihr Beinchen nicht und humpelte durch die Wohnung, falls sie sich überhaupt bewegte.

Und so kam das Unvermeidliche: Am Ostermontag packten wir die unwillige Katze in den Transportkorb und fuhren zur Tierklinik in Heidelberg. Dort wollten sie uns schon wegschicken, schließlich war Notdienst und die Katze schien nicht sterbenskrank zu sein, „die humpelt ja nur, kommen Sie doch morgen wieder“. Schließlich ließ sich die Ärztin doch überreden und untersuchte die arme Luna wenig zimperlich. Arme Katze verfiel in Angststarre :-(

Anstelle weiterer Medikamente riet die Ärztin hier nun zu einer Punktion des Gelenks, also einer kleinen Operation. Dabei sollte unter Vollnarkose Eiter und Flüssigkeit aus dem Gelenk entfernt und das Zeug auf irgendwelche Bakterien untersucht werden.

Heißt: Katze blieb in der Klinik und wir fuhren wieder heim, um sie dann abends wieder abzuholen. Lustig war das schon lange nicht mehr – es ist ziemlich hart, das kranke Tier in der Klinik zu lassen und zu wissen, wie viel Angst es doch vor Fremden hat. :-(

Happy End

Aber als wir sie dann wieder abholten, gab es positive Anzeichen: Lunas Bein war dick mit Bandagen umwickelt – und sie setzte es beim Gehen auch wieder auf! Wie ein Pirat stakste sie dann herum, tock tock tock :D Durch die Behandlung blühte sie wieder richtig auf.

Katze mit bandagiertem Bein
Sie frisst wieder! Und hat jetzt ein „Piraten-Holzbein“ :D

Auch diese Geschichte ist nun relativ schnell zu Ende: Am nächsten Tag fuhr ich mit Luna nochmal in die Klinik, wo ihr der Verband entfernt wurde – das rasierte Beinchen wirkte allerdings ziemlich abschreckend. Nach weiteren zwei bis drei Tagen begann sie auch wieder, es voll zu belasten. Auch Luna steht ein Purple Heart zu!

Katze mit rasiertem Bein
Lunas rasiertes Bein wirkt wirklich völlig „falsch“

Ich bin erleichtert, dass die Sache nochmal gut ausgegangen ist – und das Beste: Auch der Killer scheint sich seltener blicken zu lassen. Vielleicht hat er sorgfältig abgewägt und verzichtet auf einen Teil seines Reviers, für den er sonst wohl immer wieder Krieg führen müsste. Seit Ostern gab es immer mal wieder kurze Balgereien zwischen Lopi und dem Killer, aber es ist seither nichts mehr passiert. Wir passen auch auf: Die Katzen dürfen nur noch raus, wenn wir zu Hause sind, und auch über Nacht bleiben sie drin.

Alles in allem habe ich mal wieder gemerkt, wie schön es ist, wenn es den Katzen gut geht. Sie sind fast nie krank und laufen auch nicht weit weg. Und dennoch – dieses Jahr werden sie zehn Jahre alt und ich muss mich darauf einstellen, dass ihre besten Jahre bereits hinter ihnen liegen :-( Aber ich werde jetzt jeden Tag mit ihnen, an denen ich mir keine Sorgen machen muss, genießen!

Pierre und Katze Luna schmusen
Pierre und Luna schmusen wieder
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